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Kletterkonzepte im Frankenjura

 

Kletterkonzepte sind tragfähige Kompromisslösungen, die sowohl die Erfordernisse des Naturschutzes als auch die Bedürfnisse der Kletterer abwägen und in einem Regelwerk für die Nutzung der knapp 1000 Felsen des Frankenjuras münden. Sie vermitteln zwischen Kletterern, Naturschützern und diversen anderen Naturnutzern, die oft konkurrierende Interessen haben.


Werdegang


Seit dem Beginn der Zonierungskonzepte mit dem Kletterkonzept „Eibenwald“ im Jahr 1992 wurde Schritt für Schritt in 12 weiteren Kletterkonzepten fast der komplette Frankenjura erfasst. Im Jahr 1996 unternahm man mit dem Kletterkonzept Hersbrucker Alb den ersten Versuch eines großflächigen Kletterkonzeptes. 2000 folgte das Kletterkonzept für das Gemeindegebiet von Betzenstein und 2001 das für die Felsen von Pottenstein. Zwischen 2002 und 2006 wurde in fünf Regionalkonzepten die Zonierung des Wiesenttals, des Trubachtals und der Trubachalb durchgeführt, bevor 2007 das Leinleitertal und 2008 alle sogenannten „Bamberger“ Kletterfelsen im nördlichsten Teil des Frankenjuras einbezogen wurden. Die flächendeckende Vollendung der Konzepte erfolgte 2009 in den Klettergebieten des Krottenseer Forstes, 2010 an den Felsen des Hirschbachtals sowie 2011 an den Felsen im Lehenhammertal und rund um Neukirchen im Südosten des Frankenjuras.


Wer zoniert?


Mit der Zeit veränderte sich die Besetzung des „Zonierungsteams“: Waren anfangs nur wenige Kletterer, Naturschutzverbände und Naturschutzbehörden integriert, so sind durch das Engagements des Naturparkvereins „Fränkische Schweiz-Veldensteiner Forst“ weitere Lobbygruppen hinzugekommen, um die gesellschaftliche Akzeptanz der ausgearbeiteten Kompromisse zu vergrößern. Dementsprechend wurden, seitdem der Naturparkverein im Jahr 2000 die Trägerschaft für die Kletterkonzepte übernommen hat, ebenso Kommunen, Grundstückseigentümer, Vertreter des Forstes und der Jagd sowie Klettermedien in den Entscheidungsprozess eingebunden.


Wie wird vorgegangen?


Die Zonierung der Felsen findet im Rahmen von Ortsbegehungen an allen Felsen statt. So besucht das Zonierungsteam, das im Normalfall zwischen 10 und 20 Mitwirkende umfasst, bei einem Treffen meist 10 bis 15 in einem Gebiet nahe beieinander liegende Felsen und analysiert vor Ort naturschutzfachliche Notwendigkeiten, den gesellschaftspolitischen Kontext sowie die klettersportliche Wertigkeit des jeweiligen Objektes. Aufgrund dieser Fakten erfolgt die Einordnung des Felsens bzw. Areale in eine von drei so genannten „Zonen“:


Zone 1 „Ruhezone“: Hier darf nicht geklettert werden!


Zone 2 „Status Quo“:  Hier darf nur auf bestehenden Routen geklettert werden. Es dürfen keine Neutouren angelegt werden!


Zone 3 „Freie Zone“: Hier darf auf den bestehenden Routen geklettert  werden. Darüber hinaus dürfen auch Neutoren erschlossen werden!

 

Nach Festlegung der Zone für den Felsen wird die Begehung durch Anbringen von Schildern am Wandfuß abgeschlossen, die Kletterer über den Status informieren sollen. Felsköpfe, deren Vegetation als einzigartig und hochsensibel gilt, sind im Normalfall der Zone 1 zugeordnet. Dieser Bereich wird durch angebrachte Umlenkhaken am Ende der Kletterroute und vor Beginn der Vegetationszone geschützt. Ähnlich wird in anderen Vegetationszonen im Bereich der Steilwand oder am Wandfuß verfahren. Diese werden der Zone 1 zugeordnet.


Da die 3-Zonen-Regelung in machen Fällen nicht ausreicht, den differenten Vorstellungen der verschiedenen Interessengruppen gerecht zu werden, haben im Laufe der Kletterkonzepte einige Zusatzregelungen Einzug gehalten.


Um den Ansprüchen der Jagdverbände auf Ruhe im Jagdbezirk während der Dämmerung nachzukommen, wurde an diversen Felsen eine tageszeitliche Befristung vereinbart. Und weil sich mancher Fels buchstäblich im Garten eines Anwohners befindet, der am Wochenende Gartenidylle anstatt Wettkampfstimmung haben möchte, darf dort sonntags nicht geklettert werden. Auch der Standort so mancher Pflanze im Fels wurde durch Verlegung einer Kletterroute nur um wenige Meter geschützt. Solche Lösungen dokumentieren die positive Einstellung und die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten.


Rahmenregelungen der Kletterkonzepte


In den Kletterkonzepten finden alle Kletterfelsen Beachtung, Boulderfelsen werden nur in Ausnahmefällen zoniert. Entdeckt ein Kletterer eine lohnende Linie an einem „Zone 2“-Fels, so kann er bei den Naturschutzbehörden diese als Neutour beantragen. Umgekehrt können einzelne Routen oder auch ganze Felsen der Zone 1 zugeordnet werden, wenn beispielsweise im Nachhinein seltene Pflanzen im bekletterten Bereich entdeckt werden. Felsen, die bis zur Fertigstellung eines Regionalkonzeptes nicht erfasst wurden, werden zunächst formal der Zone 1 zugeordnet und müssen nachträglich zoniert werden.


Neben der Ausschilderung direkt am Fels werden die einzelnen Kletterkonzepte in einer jeweils 100-seitigen Broschüre, durch Flyer und durch Infotafeln bei der Bevölkerung und unter Klettersportlern bekannt gemacht.



Politische und gesellschaftliche Wertigkeit der Kletterkonzepte


Im Prinzip sind Kletterkonzepte freiwillige Vereinbarungen. Nach den ethischen Werten der Klettersportler haben sie aber einen verpflichtenden Charakter. Auch von staatlicher Seite wird den erarbeiteten Kompromissen ein hoher Stellenwert zugeschrieben: So kam es 1998 zu einer „Vereinbarung der Bayerischen Staatsregierung mit dem Deutschen Alpenverein und der IG Klettern zum Klettern in den außeralpinen Felsgebieten in Bayern“, indem erstmals von Seiten des Staates die Bedeutung des Klettersportes für die Allgemeinheit politisch gewürdigt wurde, aber zugleich eine Mitverantwortung für die vom Klettersport genutzte Natur eingefordert wird.